DAS HAUT REIN
Halbwelt und ganze Kerle:
Vernissage bei Kirsten Roschlaub
VON DANIEL HAAS
Die Anzahl der Männer mit gebrochener Nase ist rekordverdächtig an diesem Abend. Auch die Körpermaße entsprechen nicht dem Standard des Vernissagen-Publikums.
Galerie Roschlaub, präsentiert werden Porträts jener Boxer, die Moritz Klatten, Coach und Manager, in seinem Gym trainiert, Geölte Muskeln, energische Blicke, die Ästhetik: der Bilder irgendwo zwischen Mern‘s Health und Riefenstahl.
Auch im Publikum eine schlüssige Mischung aus bürgerlicher Gesetztheit und muskulärer Dominanz. Ob die Damen bald eine Oktave tiefer sprechen bei dem Testosterongehalt in der Luft? Man selbst prüft, ob sich am Kopf der Haarwuchs verstärkt.
Die Gastgeber sind prächtig. Galeristin Kirsten Roschlaub in schwarzer Marlene-Hose und türkisfarbenem Top: eine deutsche Kim Basinger, minus Migräne-Blick. Und Moritz Klatten zieht aus Höflichkeit immer den Kopf ein, wenn er auf Fragen antwortet. Er will nicht auf sein Gegenüber herabschauen, was aber nicht geht bei einer Körpergröße von 2,04 Metern. Gemeinsam mit seiner Freundin (1,90 Meter) und deren Mutter (um die 1,85) bildet er einen mobilen Portikus. Kurz schweif man ab, ach, das Schönheitsideal der Antike...
Dann kommt Michel Ruge, Rotlichtexperte, und klärt einen auf, wie man als Hornbrille tragender Schwächling einen Gegner bezwingt. «immer ins Auge! Das verdrängst du. * Sie meinen das Schuldgefühl? -Nee, das Auge!*
Auch von Kalle Schwensen möchte man einen Tipp zur Virilitätssteigerung. Er blickt einen über die Sonnenbrille heraus an (ist das ein Milieuding: paradox schauen?), sagt: „Das Wichtigste ist, dass ich nicht die Contenance verliere.
Und wie verliert man die Contenance? „Weiß ich doch nicht.“